11/2003 Urban Warfare

Die Ausgabe des Magazins The Atlantic Monthly von Juli/August brachte einen Beitrag über „zehn internationale Sicherheitsfragen, die zu wenig Aufmerksamkeit erhalten“ – die Autoren sind alle Mitarbeiter des konservativen US-amerikanischen Think Tanks Rand Corporation, der vorrangig von der US-Regierung und großen Unternehmen finanziert wird. Neben Themen wie der Mauer zwischen Israel und Palästina, der (angeblichen) Achse Teheran–Neu-Delhi und dem schrumpfenden Russland taucht auch der Titel „Urban Warfare“ auf. Und hier zeigt sich, zu welchen Phantasien der aktuell weltweit betriebene Kontroll- und Sicherheitswahn führen kann, der sich zu großen Teilen Machbarkeitsvisionen mithilfe von heutigen oder zukünftigen Informations- und Kommunikationstechnologien verdankt. Moderne Technologie hat die Eigenschaft, auf den ersten Blick logisch scheinende Lösungen anbieten zu können, deren „Haken“ dann erst bei detaillierter Betrachtung und Entwicklung sichtbar werden. Zukünftige Feinde der „Achse des Guten“ sollen ihre Angriffe nicht mehr im offenen Terrain starten wollen, sondern vielmehr in den zunehmend wichtigen Städten, deren Bevölkerung immer weiter steigt, und die einer Guerillataktik eher zugänglich sind. Diese Städte seien gekennzeichnet von dichter Bevölkerung durch Zivilpersonen, komplexen Innenräumen, Schluchten zwischen Gebäuden und unterirdischen Irrgärten voller Kanäle und anderer Infrastruktur – Raumphantasmen, die man aus Science-Fiction-Filmen kennt, tun sich auf. Antworten darauf sind Systeme, die dieses Dickicht so transparent wie möglich machen. Das beginnt mit Mikroflugobjekten von 15 cm Größe, die Videoaufnahmen von unübersichtlichen Situationen liefern und per Fernsteuerung von einzelnen Soldaten gesteuert werden, ganz wie ein Modellflieger. Das führt über billige Minirobot-Späher, die visuelle, auditive und chemische Sensoren führen. Und das geht bis zu „Smart Dust“, winzige, billige elektromechanische Sensoren, die über feindlichem Gebiet ausgestreut werden und von dort Bewegungs- und andere Daten melden. Auch reale Insekten sollen zur Datensammlung eingesetzt werden, indem sie etwa winzige chemische und biologische Spuren aus dem Untersuchungsgebiet einsammeln und mitbringen. Mit diesen Mehoden aus dem Unterbewußtsein von Blade-Runner-Junkies sind wir nun direkt beim Thema Communication Warfare angekommen, aber das ist eine andere Geschichte.

www.theatlantic.com/issues/2003/07/rand.htm