6/2011 Traditional Knowledge Digital Library

In Zeiten der zunehmend verschärften Auseinandersetzung um geistiges Eigentum gilt das Internet als Herausforderung für klassische Geschäftsmodelle, die auf Immaterialgüterrechten basieren. Es gibt jedoch einen Bereich, der geistiges „Eigentum“ und Webtechnologie auf unerwartete Weise miteinander verknüpft, nämlich den traditionellen Wissens, vorrangig in Entwicklungs- und Schwellenländern, das zunehmend von westlichen Wissensausbeutern aufs Korn genommen wird – Biopiraterie ist ein Begriff dafür. Es geht meist darum, dass westliche Firmen Bioprodukte, die seit Jahrhunderten oder noch länger als traditionelle Lebensmittel, Medizin oder Kosmetika verwendet werden, zum Patent anmelden und damit plötzlich ein Monopol an diesen Produkten für bis zu zwanzig Jahre besitzen. Patentrechtlich ist das eigentlich nicht möglich, weil es sich dabei meist weder um eine Erfindung noch um eine Neuheit handelt, was beides Voraussetzung für den Patentschutz ist. Allerdings ist erstens das Wissen über solche Produkte bei westlichen Patentämtern gering; und zweitens gilt als „Erfindung“ die Extraktion von Wirkstoffen aus diesen Bioprodukten, und das chemische Wissen darüber ist natürlich nicht Teil des traditionellen Wissens, selbst wenn der Wirkstoff natürlich grundlegender Bestandteil des Effekts eines traditionellen Bioproduktes ist. Das Problem ist bereits seit einiger Zeit bekannt; zum Schutz des eigenen traditionellen Wissens startete der indische Staat 2001 die „Traditional Knowledge Digital Library“, einer Online-Datenbank mit Informationen über Produkte, die mit Ayurveda und anderen traditionellen indischen Wissensbereichen verbunden sind. Bekannte Fälle, die zu diesem Schritt führten, waren Patentierversuche von Basmatireis, dem Gewürz Kurkuma und dem „Zahnpflegebaum“ Niem. In der Datenbank wird traditionelles Wissen dokumentiert und anhand von Patentklassifikationssystemen eingeteilt. Mittlerweile sind 150 historische Bücher zu Ayurveda, Unani, Siddha und Yoga transkribiert in etwa 35 Millionen Seiten Information in fünf Sprachen. Zusätzlich gibt es Vereinbarungen mit Patentämtern, unter anderem mit dem europäischen, britischen, deutschen und amerikanischen Patentamt, über den Zugang zu diesen Daten, um „unethische Patente“ verhindern zu können, was in vielen Dutzend Fällen bereits gelungen ist. Viele Patente wurden von Einreichern zurückgezogen oder von Patentämtern für nicht rechtmäßig erklärt. Seit einigen Jahren wurden weiters auch etwa 1.500 Asanas (Yoga-Stellungen) eingetragen, nachdem eine Vielzahl von selbsternannten Yoga-Meistern versucht hatte, solche Stellungen zu patentieren. Allein in den USA wurden mehr als 100 Yoga-bezogene Patente bekannt.

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