4/2000 Thesauri

The man is not wholly evil – he has a Thesaurus in his cabin.
Peter Pan über Kapitän Hook in James Matthew Barries Peter Pan

Ein Thesaurus ordnet Begriffe, weist ihnen eindeutige Bezeichnungen zu, klassifiziert sie und stellt Beziehungen zwischen ihnen her. Wörter haben konnotative und denotative Bedeutungen. Denotation meint dabei die sogenannte wörtliche Bedeutung, während Konnotation eher Suggestives, Assoziatives, nicht Fixiertes bezeichnet. Manchmal besitzen mehrere Wörter dieselbe denotative Bedeutung und bedeuten doch Unterschiedliches, je nachdem in welchem Kontext sie gebraucht werden. Auch wenn es zur Zeit Rogets, der den ersten erfolgreichen Thesaurus verfasst hat, noch keine Semiotik im modernen Sinn gab, baut das Konzept des Thesaurus doch auf dieser Unterscheidung auf. Wenn jemand ein Synonym für ein gegebenes Wort sucht oder Wörter derartig in einer Ordnung situieren will, dass er sie immer wiederfinden kann und nicht versehentlich an der falschen Stelle sucht, benötigt er ein präzises Begriffssystem, das auf der denotativen Seite der Bedeutung aufbaut. In diesem Sinne ist ein Synonym ein Wort mit identischer oder fast vollständig identischer Bedeutung wie ein anderes, unabhängig von Kontext und Autor. Ein solches Synonym, das denotativ, konnotativ und von der Anwendbarkeit her dasselbe bedeutet, existiert natürlich nicht, am nächsten kommen dem sicherlich bestimmte technische Begriffe und Übersetzungen von Wörtern in andere Sprachen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass das Konzept des Thesaurus in England entstanden ist, wo die Sprache eine breites Spektrum an sehr nahen Synonymen aus dem Altenglischen, dem Lateinischen und dem Skandinavischen besitzt. Peter Mark Roget lebte von 1779 bis 1869 in England, war als Physiker und Philologe tätig und ist bis heute bekannt für seinen „Thesaurus of English Words and Phrases“ von 1852. Er studierte Medizin in Edinburgh, war Mitbegründer der medizinischen Schule in Manchester und erfand einen Rechenschieber für Wurzeln und Potenzen. Zusammen mit Joseph Plateau und Michael Faraday entwickelte er die Theorie des Nachbildes. Bereits 1668 hatte John Wilkins ein „konzeptuelles Wörterbuch“ herausgegeben, doch erst der Thesaurus von Roget wurde ein Erfolg: Bis zu seinem Tod erreichte das Werk 28 Auflagen, später fungierten sein Sohn und sein Enkel als Herausgeber, und seit 1886 betreut die New Yorker Firma Thomas Y. Crowell den Thesaurus. Rogets versuchte mit dem Thesaurus ein Kompendium aller Bedeutungen, für die Wörter erfunden wurden, eine Klassifikation der Substanz des Denkens, deren Elemente sich nicht überschneiden, sodass jeder Gedanke und jedes Wort exakt eine Roget-Dimension besitzt. Die Grundkategorien seines Thesaurus waren die folgenden: Words Expressing Abstract Relations, Words Relating to Space, Words Relating to Matter, Words Relating to the Intellectual Faculties, Words Relating to the Voluntary Powers, Words Relating to the Sentiment and Moral Powers. Aktuelle Ausgaben von Rogets Thesaurus sind im Web zugänglich, eine gute Adresse ist das ARTFL Project der University of Chicago. Dort kann man den vollen Text und die Titelwörter des Thesaurus durchsuchen. Eine interessante Anwendung des Thesaurus-Prinzips für das Web ist der Visual Thesaurus der Firma Plumb Design. Hier werden Beziehungen zwischen Wörtern graphisch dargestellt, wenn man auf ein Wort klickt, werden alle damit in Zusammenhang stehenden anderen Wörter ebenfalls sichtbar. Diese Verbindungen können noch derartig gesteuert werden, dass Substantive, Verben, Adjektive oder Adverben bevorzugt dargestellt werden.

humanities.uchicago.edu/forms_unrest/ROGET.html
www.plumbdesign.com/thesaurus/