6/2005 Searchscapes Manhattan

Das Internet gilt als raumunabhängige Welt, als Realisierung der global-village-Idee Marshall McLuhans, in der räumliche Entfernungen aufgrund des Einsatzes von modernen Kommunikationstechnologien keine Bedeutung mehr haben. Aber natürlich gibt es eine Verknüpfung der im Web verfügbaren Daten mit realen Orten – jeder Server und jeder Client befinden sich an einer bestimmten Stelle im Raum, jede Netzwerkverbindung verknüpft zwei oder mehr Stellen, die es in der Wirklichkeit gibt. Ein Webprojekt, dass diese Verbindungen sichtbar macht, ist Searchspaces Manhattan, die Studienabschlussarbeit der Medienkünstlerin Juliana Sato Yamashita an der New York University. Es handelt sich um eine mittels Shockwave- und Flash-Technologie dargestellte virtuelle Repräsentation der Insel Manhattan, durch die man mittels Maus und Tastatur navigieren kann. Die reale Stadt ist durch Blocks vermittelt, die die Straßenstruktur deutlich machen, die wichtigsten Straßen und Avenues sind als Textbänder zur Orientierung eingefügt. Dieser Abbildung der Realität sind jedoch die Searchscapes überlagert: Die Liste an Ergebnissen, die man erhält, wenn man bei Google eine Adresse (z.B. „721 Broadway“ + „New York, NY“) eingibt, wird dem jeweiligen Ort in Form einer vertikalen Liste hinzugefügt. So ergibt sich über dem Stadtraster eine Skyline von Informationen aus dem Web, die die virtuellen Zentren New Yorks sichtbar macht und so eine teils völlig andere dreidimensionale Struktur der Stadt erzeugt, als es die materielle Skyline tut. Es ergibt sich eine Überlagerung von physischem Raum und Informationsraum, die Höhe der „Textgebäude“ an einem Ort in Manhattan ist direkt abhängig von der Anzahl der Resultate, die in ihrem Text die genaue Adresse des Ortes enthalten – es kann vorausgesetzt werden, dass relativ viele dieser Resultate Institutionen oder Personen gehören, die sich an diesem Ort befinden. So wird Information materialisiert, quasi physisch gemacht. Wie die Autorin schreibt: „Zeitgenössische Architektur scheint sich in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen: medialisierter, ephemerer, körperloser zu werden. Dieses Projekt ist ein Versuch, den Daten, die man im Internet findet, Form zu geben, anstatt sie nur quantitativ zu sehen.“ Als Inspiration für das Projekt bezeichnet Yamashita eine Medienarbeit des Künstlers Jeffrey Shaw, die 1989 auf der Ars Electronica in Linz zu sehen war: „Legible City“ ist eine Stadt, deren Hausfassaden aus Buchstaben und Texten bestehen. Auf einem Zimmerfahrrad konnte man, vor einer Projektion sitzend, durch diese Stadt radeln und dabei die Texte lesen.

www.searchscapes.net