4/2016 Ortsnamenendungskartierungsprojekt

Der Informationsdesigner Moritz Stefaner bezeichnet sich selbst als „truth and beauty operator“: Es geht ihm darum, Datenvisualisierung, Informationsästhetik und Interfacedesign zu verknüpfen und dadurch eben – wie auch der Titel seines Blogs sagt – Wahrheit und Schönheit zusammenzubringen. Eines seiner jüngsten Projekte, eher eine kleine Fingerübung in Datenvisualisierung, ist eine visuelle Untersuchung der räumlichen Verteilung von Ortsnamenendungen in Deutschland. Grundlage dafür ist Geonames, eine frei verwendbare, laufend aktualisierte Datenbank mit über acht Millionen Ortsnamen aus allen Ländern dieser Welt. Die Geonames-Liste für Deutschland verknüpfte er mit einer Zusammenstellung von Ortsnamenendungen auf Wikipedia – so entstanden über fünfzig kleine Deutschlandkarten, in denen Häufungen von Ortsnamen, die auf die jeweils angegebene Silbe enden, durch grüne bis blaue Verfärbungen sichtbar werden. Eine interessante Vielfalt von Mustern wird so sichtbar. Während sich -ach in Deutschland laut Wikipedia auf Gehölze bezieht, steht diese Endsilbe im Alpenraum eher für Gewässer; in Deutschland gibt es Ortsnamen auf -ach jedenfalls fast ausschließlich in der südlichen Hälfte mit einer deutlichen Häufung in Mitteldeutschland, in Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen und Sachsen. Fast völlig gleichmäßig über das deutsche Bundesgebiet verteilt ist -berg (insgesamt 4.000 Mal), während Tal im Süden deutlich stärker vorhanden ist (insgesamt 900 Mal). Die Endung -au bildet eine deutliche Schneise durch Ostdeutschland nach Norden, von Sachsen über Sachsen-Anhalt und Niedersachsen bis Schleswig-Holstein. Gewisse Ortsnamen gibt es fast nur im Norden (-bruch, -büttel, -ede, -horn, -siel, -um, -up: Nordwesten; -hag, -itz, -ow, -wald, -werder: Nordosten; -horst, -torf: im ganzen Norden). Andere Namen tauchen fast nur im Süden auf: -ach, -bach, -bühl, -ing, -leiten, -weiler, -zell. Und gewisse Endungen haben ihre eigene kleine, überschaubare Nische in Deutschland, so beispielsweise -büttel, ausschließlich zwischen Hannover und Bremerhaven; -grün im Dreiländereck zwischen Bayern, Thüringen und Sachsen; oder -hoven rund um Aachen. Die Karten geben einen eindrucksvollen Überblick über unterschiedliche Spracheinflussbereiche – nun wäre es interessant, ähnliche Karten für Österreich präsentiert zu bekommen. Die Werkzeuge liegen bereit.

truth-and-beauty.net/experiments/ach-ingen-zell

www.geonames.org
de.wikipedia.org/wiki/Ortsname