1-2/2010 Open Design

Nicht nur in der immateriellen Welt des Internet und der Software-Entwicklung, sondern auch in der Materialität des Möbelbaus gewinnt die Idee von „open source“, also der ungeschützten Kreativität zugunsten aller, zunehmend an Boden. Ein herausragendes Beispiel dafür ist der israelische Designer Ronen Kadushin, der seit einigen Jahren seine Möbelentwürfe im Web unter dem Schlagwort „open design“ gratis zum eigenen Gebrauch anbietet. Er publiziert die Designs unter einer Creative-Commons-(CC-)Lizenz, die das Verwenden und Adaptieren der Entwürfe unter der Bedingung erlaubt, dass die Nutzung nicht kommerziell ist, der Designer genannt wird und eventuelle Adaptierungen wiederum unter die CC-Lizenz gestellt werden. Auf seiner Website findet man eine Auswahl an Tischen, Sesseln, Lampen und anderen Designs mit einer wichtigen Gemeinsamkeit: Es handelt sich dabei um Objekte, die aus flächigen Bauteilen gebogen und zusammengesetzt werden. Kadushin bietet DXF-Dateien zum Download an, die man dann selber beim Lasercutter des Vertrauens ausschneiden lassen und anschließend zusammensetzen kann – die Kosten belaufen sich auf einige Dutzend bis einige Hundert Euro. Die beigefügten Fotografien und eine schriftliche Erläuterung machen deutlich, wie das Zusammensetzen zu bewerkstelligen ist. Kadushin bittet die Redesigner seiner Entwürfe um Zusendung der eigenen Adaptionen, damit er sie ebenfalls auf seiner Website publizieren kann, doch diese Möglichkeit blieb bisher ungenutzt. Und Geld verdienen kann der Designer mit den Entwürfen natürlich auch nicht – die „Umwegrendite“ besteht in angehäuftem symbolischem Kapital, das zu Lehraufträgen, Vorträgen und Aufmerksamkeit im Designfeld führte. Ein ganz anderer kreativer Zugang zum freien Möbeldesign firmiert unter dem Label „Ikea hacking“: Ein stark frequentiertes Beispiel für diese breite Bewegung ist die Website der malayischen Bloggerin Mei-Mei Yap, auf der eine Vielzahl von Umbauten, Adaptionen und Zweckentfremdungen von Ikea-Produkten zu finden ist. Eine einschlägige deutsche Website musste auf Druck von Ikea hin bereits schließen, doch das Phänomen insgesamt ist nicht zu stoppen. So findet sich auf Ikeahacker beispielsweise der Ikea-Fauteuil mit Sitzheizung, der Bambusteller als Uhr und das Schildkrötenterrarium im Fernsehschrank.

www.ronen-kadushin.com
ikeahacker.blogspot.com