6/2000 Netzarchäologie, Netzgeographie

Trotz des geringen Alters des Internet wird in diesem Bereich bereits Archäologie betrieben. Auf der Website des Computer Museum History Center findet man die Internet History, eine Chronologie beginnend mit dem Jahr 1962, obwohl gemeinhin 1969 als die Geburtsstunde des Internet angesetzt wird, und abschließend mit dem Jahr 1992, in dem Mosaic, der erste Browser und Vorläufer des heutigen Netscape Navigators, auf den Markt kam. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits eine Million Computer an das Internet angeschlossen, das damals aus 7.500 Netzwerken bestand, heute gibt es etwa 80 Millionen Hosts, was ungefähr der Anzahl angeschlossener Computer entspricht. Eine grandiose Ergänzung zu diesen Informationen ist www.cybergeography.com, eine Sammlung von Karten und graphischen Repräsentationen des Internet, des World Wide Web und anderer Cyber Spaces, beginnend mit simplen Handskizzen, die die Struktur des ARPANET, des Ursprunges der heutigen Netze, darstellen, über komplexe Graphiken bis zu dreidimensionalen Repräsentationen. So gibt es 3D-Objekte, die den weltweiten Internet-Datenfluss abbilden, Karten von Unterwasserkabeln und Satelliten-Orbits, Abbildungen der Wege, die bestimmte Datenpakete durch das WWW nehmen oder die ein Benutzer während des Surfens durch das Internet geht, demoskopische Weltkarten, Visualisierungen abstrakter Information und vieles mehr. Eine der großartigsten Karten in dieser Sammlung ist eine Art Luftbild der sogenannten AlphaWorld, einer dreidimensionalen, graphischen Virtual Community, also einer Gemeinscahft im Internet, in der sich Web-Benutzer zum diskutieren und plaudern treffen. Das auf dieser Karte abgebildete Land existiert nur virtuell, und doch wirkt es genauso heterogen und kontingent wie die Realität, man kann dichte Regionen, Verkehrswege und große Infrastrukturen wahrnehmen. Es ist möglich, entweder Einzelbilder anzusehen oder mit dem so genannten AlphaWorldMapper von 655 Kilometer im Quadrat bis auf 540 Meter im Quadrat zu zoomen, wofür allerdings eine eigene Software nötig ist. Ein sehr interessantes, ebenfalls auf www.cybergeography.com präsentiertes Software-Tool ist die Site Lens, eine Visualisierung der Struktur von großen Websites. Dieses Tool basiert auf der so genannten Hyperbolic-Browser-Technologie, einer Projektion von zweidimensionalen Baumstrukturen auf eine hyperbolische Fläche, die dann mittels eines (virtuellen) Fischaugen-Objektivs sichtbar gemacht wird und so auch sehr große und komplexe Strukturen gut überblicken lässt: Die ausgewählten, wichtigen Punkte liegen immer im mittleren, flacheren Bereich, während die weiter entfernten sich in die seitlichen Krümmungen verschieben, aber doch grob erkennbar bleiben. Auf der Website des Anbieters Inxight ist eine große Auswahl an Demonstrationsvisualisierungen zu finden. Ein Versuch, abstrakte Daten mithilfe bekannter Abbildungstechniken darzustellen, ist NewsMaps von Cartia. Mithilfe von Landkarten, die inselartige Gebilde zeigen, werden Dokumente zu bestimmten Themen versammelt und zueinander in Beziehung gesetzt. So wird eine größere Anzahl ähnlicher Dokumente zu einem Thema als Berggipfel gezeigt, es können interessante Dokumente durch Flaggen markiert werden und eigene Suchbegriffe eingegeben werden, die dann ebenfalls in der Landschaft aufscheinen. Auf der NewsMaps-Website werden diese Karten zur Visualisierung von Nachrichtenkanälen genutzt, so gibt es eine Global-News-Insel, eine US-News-Insel und eine Technology-News-Insel.

www.computerhistory.org/exhibits/internet_history
www.cybergeography.com
www.cybergeography.com/atlas/alphaworld_aug99.gif
awmap.vevo.com
www.inxight.com/products/web/sls.html
www.newsmaps.com