10/2003 Musieum – Displaying Gender

Seit September ist das Webprojekt „Musieum“ des Frauenbüros der Stadt Wien offiziell online. Musieum, realisiert von Nike Glaser-Wieninger und Elke Krasny, stellte eine Sammlung von Objekten aus dem Wien Museum Karlsplatz (ehemals Historisches Museum der Stadt Wien), dem Jüdischen Museum, dem Technischen Museum und dem Museum für Volkskunde zusammen, um sie nun in virtueller Form unter frauen- und geschlechterspezifischer Perspektive zu zeigen. Objekte der vier „Leihgeber“ sollen so immer schon vorhandene Aspekte ihrer Bedeutung offenbaren, die sonst hinter dem hegemonial-konservativen Museumsdiskurs unsichtbar bleiben, der die männliche Perspektive bevorzugt und naturalisiert. Die Autorinnen wählten dreizehn Themenkreise, unter die jeweils eine Auswahl von Objekten subsummiert wird, um so verschiedene Aspekte deutlich zu machen und die Themen aufeinander zu beziehen, indem dieselben Objekte in mehreren Themenkreisen verortet werden: Dazu gehören Geld, Autonomie, Stars, Mode, Krieg, Ausbildung, Kommunikation, Repräsentation, Familie, öffentlicher Raum, Privatheit, Shopping und Arbeit. Eine graphische Navigation erlaubt das Browsen durch die Bilder, Skulpturen und Alltagsobjekte der virtuellen Ausstellung, die neben den 13 Grundthemen auch noch in eine zweite Struktur aus Begriffen wie Lehren, Tod, Erotik, Erfolg, Kunst und Religion eingefügt sind. Wesentlich ist dabei, dass nicht Kunst im Mittelpunkt steht, auch wenn es sich teils um künstlerische Objekte handelt, die in den gewählten technik- und alltagshistorischen Sammlungen als Belege für Alltagshandeln dienen. Das Projekt unterscheidet sich von anderen Online-Sammlungen vor allem durch die Qualität der Texte, die zu jedem Objekt geliefert werden und die das „Displaying Gender“ realisieren. Diese Texte sind komplettiert durch Audioausschnitte aus Interviews mit Kuratoren zum Thema sowie durch eine Sammlung ergänzender Artikel zum Downloaden und eine Linkliste zu vergleichbaren Beispielen. Da Museen „langsame Wender“ sind, wie Wien-Museum-Direktor Wolfgang Kos in einem der Audiofiles feststellt, kann gehofft werden, dass ein Projekt wie dieses wiederum auf die museale Realität rückwirkt und dort Spuren in der Objektauswahl und Repräsentationsform, vor allem aber auch in den vermittelnden Texten hinterlässt, und zwar nicht ausschließlich im Hinblick auf geschlechtsspezifische Perspektiven, sondern ganz allgemein als Offenlegung des jeweiligen Standpunktes, dem heute oft der Anschein der Objektivität verliehen wird. Vielleicht können so dieselben Sammlungen und Ausstellungen auch in der Realität unter verschiedensten Aspekten dargestellt und besucht werden, am besten in Form einer Verknüpfung von realen und virtuellen Repräsentationsformen?

www.musieum.at