4/2012 Gratisuni für alle

Während hierzulande über Studiengebühren und Eingangshürden ins Studium diskutiert wird, der Zugang nach Academia de facto jedoch für die meisten noch gratis ist, sind in die USA die Kosten für höhere Bildung in ungeahnte Höhen gestiegen – bei den renommiertesten Universitäten, ob nun Ivy League, Stanford oder MIT, kommt man locker auf 60.000 Dollar Kosten pro Studienjahr, womit das Gehalt nach dem Studium bei jenen, die nicht reich geboren sind, automatisch für viele Jahre mit saftigen Studienkreditrückzahlungen belastet ist. Es stellt sich die Frage, was man von dem tollen Einstiegsgehalt nach dem Harvard-Studium hat, wenn man einen großen Teil davon gleich wieder an die Bank zurückzahlen muss. Dabei würden die aktuellen Informations- und Kommunikationstechnologien Möglichkeiten bieten, das Studium radikal zu verbilligen: per Internet ist etwa ein MIT-Studium gratis für jeden, das Programm heißt MITOpenCourseWare, und dort ist faktisch jede Lehrveranstaltung, die es am MIT gibt, zugänglich. Natürlich ist das Angebot nicht identisch mit dem Besuch eines Seminars oder einer Vorlesung – auf MITOpenCourseWare gibt es Vorlesungsskripte, Hausübungen und Prüfungen sowie teils Videomitschnitte vom Vortrag via YouTube-Kanal, alles mit einer Creative-Commons-Lizenz zugänglich gemacht. Das MIT ist zusammen mit über hundert anderen Hochschulbildungsinstitutionen ein führendes Mitglied des OpenCourseWare Consortium, eines gemeinnützigen Zusammenschlusses, der sich das Ziel setzt, kostenfreie und hochwertige digitale Bildungsangebote weltweit zugänglich zu machen – einziges österreichisches Mitglied ist die Universität Klagenfurt, und obwohl die Universität Tübingen ein weltweiter Pionier der online-Lehrangebote war, ist bisher keine andere deutschsprachige Universität dabei. Das Programm am MIT gibt es seit 2001, mittlerweile sind 2.000 Kurse online – allerdings gab es, egal was man lernt und wie gut man es kann, bisher keinerlei Abschlusszertifikat. Das ändert sich nun mit dem Programm MITx, erste Pilotkurse dafür gibt es im laufenden Semester, Zertifikate sollen das erfolgreiche Absolvieren einzelner Kurse oder Kurssequenzen bestätigen, volle Studienabschlüsse sind nicht geplant. Die Prüfungen sollen jedoch in real life stattfinden und somit auch bezahlt werden müssen. Klarerweise kann ein solches online-Angebot die meist nicht vollständig verbalisierbare Vermittlung von Know-how, das Aufbauen sozialer Netzwerke und die Immersion in eine disziplinäre Gemeinschaft nicht ersetzen; aber es gibt da doch einiges an Wissen zu holen.

ocw.mit.edu
www.uni-klu.ac.at/ocw
timms.uni-tuebingen.de
mitx.mit.edu
www.youtube.com/user/MIT