7-8/2012 Falsche Menschen

Wer sind die Menschen, die unsere Zeitschriften und Bildwelten, insbesondere aber auch unsere Architektur-Renderings und Animationen bevölkern? Auch wenn viele Bildproduzenten wohl einfach Material aus den unendlichen Weiten des World-Wide Web verwenden, das freiwillig oder unfreiwillig kostenlos ist: Der legale und, vor allem, „professionelle“ Weg zu Bildern von Menschen, die keine Probleme aufwerfen mit Persönlichkeitsrechten, Markenrechten, Schutz der Privatsphäre etc., führt zu Bildagenturen – selbst wenn man mittlerweile bei den großen Online-Bildlieferanten wie Google und Flickr bequem nach Bildern mit hoher Auflösung und freien Nutzungsrechten suchen kann. Die großen zwei Bildagenturen sind Getty Images mit über 70 Millionen Bildern und Bill Gates’ Corbis mit über 100 Millionen Bildern. Konkurrenz entstand ihnen in der jüngeren Vergangenheit durch so genannte Microstock-Agenturen wie iStockphoto, deren Preise einen Bruchteil derer bei den Großen ausmachen. Überall dort gibt es spezielle Sektionen für Bilder von Menschen, und zwar natürlich nicht nur Portraits, sondern jede Menge Alltagssituationen. Und wenn man über Flachware hinausgehen will, gibt es von Anbietern wie Archvision 3-D-geeignete Menschenbilder in allen möglichen Situationen und für jede mögliche CAD- oder Rendering-Software. Wenn die nicht alle aussehen würden wie aus schlechten amerikanischen Fernsehserien in unsere perfekte Architektur hineingeworfen, dann wäre das wohl der beste Weg; dachten sich jedenfalls auch die Leute von Citizen Stock. Ihr Motto ist: „Fake people suck.“ Das Projekt der beiden New Yorker Fotografen Sherrie Nickol und David Katzenstein begann als Kunstprojekt im Jahr 2010. Die beiden baten Leute auf der Straße, sich im Studio vor weißem Hintergrund fotografieren zu lassen. So sollte die eindrucksvolle Diversität der ultimativen Stadt demonstriert werden. Doch bald stellte sich heraus, dass dies auch einen kommerziellen Nutzen haben könnte: Die Fotos können verkauft werden, etwa für Magazinillustrationen und Architekturbilder. Die Fotografierten sind meist keine Profis (auch wenn teils Schauspieler dabei sind) und sie verwenden ihre eigenen Kleidung; sie erhalten Geld nur dann, wenn ihr Foto verwendet wird; aber sie sehen aus wie normale Menschen, das heißt völlig verschieden statt so einheitlich und durchschnittlich wie möglich. Mittlerweile umfasst das Bildarchiv Fotos von 2.500 Menschen.

www.gettyimages.com
www.corbisimages.com
www.istockphoto.com
www.archvision.com
www.citizenstock.com