3/2004 Eyeballing Project

Der New Yorker Architekt John Young betreibt seit März 2002 auf seiner Website Cryptome das Projekt Eyeballing, mit dem er sich zum Ziel setzt, die geheimen und „sensiblen“ Orte der USA, vor allem des militärisch-industriellen Komplexes, mithilfe legaler, frei zugänglicher Quellen sichtbar zu machen. Bereits in Mark Monmoniers bekanntem Buch von 1991, „How to Lie with Maps“, gibt es einen Abschnitt, der sich mit dem Verbergen von Information in Landkarten beschäftigt, dort geht es um militärische Einrichtungen, den Präsidentensitz Camp David oder um die Auswirkungen von Umweltverschmutzung. Youngs Informationsangebote wollen derartige Irreführungen überwinden, indem er etwa Online-Landkartendienste (MapQuest) und den Terraserver, ein Webservice von Microsoft, das hochauflösende Satellitenbilder anbietet, zur Datenrecherche benützt. Das Projekt besteht aus einer Reihe individueller, simpler Webpages, die jeweils Material beispielsweise über eine bestimmte Militärbasis oder Geheimdienststelle, ein Kernkraftwerk, eine Staumauer oder über Unterseekabel liefern. Dieses Material wird in Form einer Collage angeboten, die von Young teilweise mit weiterführenden Kommentaren versehen sind, manchmal ergänzt durch Informationen, die per e-Mail von seinen Lesern kommen. Aktuell gibt es mehr als 200 Pages, die unter anderem die Hauptsitze von FBI, CIA und NSA zeigen, aber auch eine Speicheranlage für Nervengas in Utah. Auch Objekte wie die Microsoft Corporation, die Farm von Präsident Bush in Crawford, Texas, Michael Jacksons Neverland, die Freiheitsstatue sowie das Büro von Young selbst in Manhattan wurden bereits „eyeballed“. Selten, aber doch gibt es auch Material über Orte außerhalb der USA, zum Beispiel über die „Sicherheitsmauer“ zwischen Israel und der Westbank. Es bleibt die Frage, ob all dieses Material weiterhin so leicht zugänglich bleibt, wie das jetzt der Fall ist – wenn der Terraserver erst nach dem 11. September und der damit einher gehenden Paranoia gestartet hätte, wäre möglicherweise nicht so viel aktuelles Material in derartig hoher Auflösung angeboten worden. Die Gegenbewegung startet bereits, wie nicht nur John Youngs regelmäßige Kontakte mit dem FBI zeigen: Ein britische Website, die ebenfalls Satellitenbilder von „sensiblen“ Orten anbot, war jedenfalls kürzlich Anlass zu Diskussionen darüber, wie leicht man Information zugänglich machen soll, die für terroristische Zwecke genützt werden können.

www.cryptome.org/eyeball.htm
www.terraserver.com
www.mapquest.com
news.bbc.co.uk/1/hi/uk/2030966.stm