11/2015 Erinnerungspolitik und öffentlicher Raum

Wie hat die Erinnerung an Faschismus und Nationalsozialismus Wiener Freiräume verändert, wie hat sie sich in den öffentlichen Raum eingeschrieben? Das ist die zentrale Frage des Forschungsprojekts „POREM. Politics of Remembrance and the Transition of Public Spaces. A Political and Social Analysis of Vienna“ (Politik der Erinnerung und die Veränderung öffentlicher Räume. Eine politische und soziale Analyse Wiens), das vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) finanziert wird. Das Forschungsteam besteht aus Politikwissenschaftlern, Historikern, Anthropologen und Landschaftsarchitekten, die sich in ihrer Untersuchung des Phänomens auf die Zeit zwischen 1995 und 2015 konzentrieren, in der die meisten derartigen Erinnerungsorte entstanden sind bzw. gestaltet wurden, auch wenn manche schon viel älter sind: Die ersten Erinnerungszeichen mit Bezug auf die Nazi-Zeit waren Hinzufügungen der Namen Ermordeter zu bereits bestehenden Familiengrabsteinen direkt nach Kriegsende, insofern waren auch Friedhöfe die ersten wichtigen Erinnerungsorte. Später folgten Gedenktafeln an einigen Wiener Gemeindebauten, heute ist Erinnerung an die politische Gewalt dieser Zeit an vielen Orten in der Stadt sichtbar, von den „Steinen der Erinnerung“ auf Gehsteigen, die an ermordete Bewohner lokaler Wohnbauten erinnern, bis zu Straßenschildern, die den Namen Verfolgter zeigen und mit Erläuterungen ergänzt sind – oder eben nicht. Das Projekt weist insbesondere auch auf Leerstellen hin, etwa die insgesamt sieben Erinnerungszeichen für den ehemaligen Bundeskanzler Bruno Kreisky. Kein einziges davon erwähnt, dass Kreisky vor den Nationalsozialisten nach Schweden floh und bis 1951 im Exil war, die Jahre nach dem Krieg als österreichischer Diplomat. Neben einer qualitativen Analyse von sechs Erinnerungsorten (unter anderem das Deserteursdenkmal am Ballhausplatz, das Heldendenkmal am Heldenplatz und das Shoah-Denkmal am Judenplatz) wird eine online verfügbare Karte aller gefundenen Erinnerungszeichen in Wien produziert, die durch verschiedene Filter visuelle Analysen der Inhalte der Datenbank möglich machen wird. So soll nach Erinnerungszeichen aus bestimmten Zeiträumen, nach Stiftern, nach Opfergruppen und anderen Parametern gesucht werden können.

porem.univie.ac.at