1-2/2016 Die schrecklichsten Orte der Bernhardschen Welt

Anlässlich der Fertigstellung von Thomas Bernhards Werkausgabe (Tag #10324Seiten bei Twitter) veröffentlichte der Suhrkamp-Verlag eine Google-Karte („Städtebeschimpfungen“) der von Bernhard geschmähten Orte: Die Karte beschränkt sich auf den deutschsprachigen Raum, sie umfasst 15 Städte in Deutschland, acht in Österreich und zwei in der Schweiz. Interessanterweise besteht sie mit Ausnahme des Dorfes Goldegg nur aus Städten. Die Karte ist ein Vorgriff auf einen nächstes Jahr erscheinenden Band unter dem Titel „Düsseldorf oder München oder Hamburg: lauter Provinzen“, der diese Zitate wohl ausführlicher und besser kontextualisiert bieten wird. Aus der Online-Version, zum Beispiel Bremen: „Bremen verabscheute ich vom ersten Moment an, es ist eine kleinbürgerliche unzumutbar sterile Stadt.“ Oder, recht breit angelegt: „Salzburg, Augsburg, Regensburg, Würzburg, ich hasse sie alle, weil in ihnen jahrhundertelang der Stumpfsinn warmgestellt ist.“ Wie nicht anders zu erwarten stehen die Städte meist für das, was Bernhard generell ablehnt: Kleinbürgertum, Katholizismus, Konservatismus, ganz allgemein der Stumpfsinn. Demzufolge ein Beitrag, der eigentlich in einer Liste von Städtebeschimpfungen nichts verloren hätte: „Hamburg kannte ich und liebte ich immer wie auch heute.“ Doch wie so oft im Web bietet privates Fantum den kompletteren Überblick. Eine weitere Google-Karte unter dem Titel „Städtebeschimpfung – Thomas Bernhard“ geht über den deutschsprachigen Raum hinaus und enthält 33 Orte in Österreich, 19 in Deutschland, 32 im restlichen Europa und sechs außerhalb Europas. Hier findet sich etwa, recht simpel: „Oslo ist eine langweilige Stadt und die Menschen dort sind ungeistig, vollkommen uninteressant, wie möglicherweise alle Norweger“. Schon etwas prononcierter: „Ich finde Paris abscheulich /alle Welt will nach Paris / für mich war Paris immer die hässlichste Stadt die ich kenne / eine verstaubte Wüste / sie sehen alle ein Paris / das es gar nicht gibt / lieber sterben als in Paris leben“. Und, natürlich, „Heldenplatz“: „Oxford ist mir ein Alptraum aber Wien ist mir jeden Tag der viel größere Alptraum / ich kann hier nicht mehr existieren / ich wache auf und habe es mit der Angst zu tun / die Zustände sind ja wirklich heute so wie sie achtunddreißig gewesen sind / es gibt jetzt mehr Nazis in Wien als achtunddreißig / du wirst sehen alles wird schlimm enden“.

Städtebeschimpfungen

Städtebeschimpfung – Thomas Bernhard