7-8/2002 Bombensichere Data Centers

Vergangenen Juni tauchte die Meldung auf, dass die zwei 1943 errichteten Flaktürme im Wiener Augarten zu Data Centers umgebaut werden sollten. Auf Geschütz- und Leitturm werden Bürogeschoße aufgestockt, während die bestehenden Ebenen mit den meterdicken Betonwänden die zu schützenden Daten aufnehmen sollen. Was kann man sich nun unter einem Data Center vorstellen? Das ist ein Raum gefüllt mit Racks – Regalen für Computer –, die jeweils viele einzelne Server enthalten, die ans Internet angeschlossen sind. Zentral dabei ist Sicherheit – einerseits Sicherheit der Daten, das heißt, dass diese nicht unberechtigt eingesehen werden können und nicht verloren gehen, und andererseits Ausfallssicherheit, das heißt, dass die Daten für berechtigte Nutzer zu jedem beliebigen Zeitpunkt zugänglich sind. Ein eindrucksvolles literarisches Beispiel dafür hat der Autor Neil Stevenson in seinem Roman „Cryptonomicon“ gegeben, wo auf einer kleinen Insel in Südostasien in einem ehemaligen Bergwerk die vor allen staatlichen und sonstigen unliebsamen Interessenten geschützten Daten gehortet werden – Data Centers sind sozusagen die Banktresore des Informationszeitalters, nur müssen sie aufgrund der Allgegenwart des Internet nicht mehr unter dem Kassenraum situiert werden. Ein Aspekt dieser Sicherheit ist der physische Schutz der Räume des Data Centers. Wachmannschaften patrouillieren, Zutritt ist nur mit Code und Fingerabdruck-Scan möglich, jeder Raum wird per Kamera überwacht. Und natürlich sollen entsprechend massive Bauformen vor Feuer, Einbruch, Erdbeben, Bombenanschlägen schützen. Und diese Sicherheit wird erreicht durch mehrfache, breitbandige Anbindung an das Internet, durch ausfallsichere Stromversorgung, Kühlung und Feuerschutzeinrichtungen sowie durch redundante Computer (idente Daten werden auf zwei Server gelegt, sodass der zweite sofort einspringen kann, wenn der erste ausfällt). Redundanz bedeutet hier, dass jedes Element, das ausfallen kann, im selben Augenblick von einem zweiten bereitstehenden ersetzt wird, was mit dem Konzept der Vermeidung aller „Single Points of Failure“ erreicht wird. Die beim Telefon übliche Ausfallssicherheit von „five Nines“, also 99,999% (das sind maximal 5 Minuten Ausfall pro Jahr) wollen manche Data Centers mit bis zu 7 Neunen übertreffen (99,99999%, also 3 Sekunden pro Jahr). Das beginnt bei der einzelnen Festplatte und endet beim Data Center selber: Ganz sicher sind die Daten natürlich nur, wenn sie auch nach einem Terroranschlag aufs Data Center ident in einem anderen Center auf der anderen Seite der Welt bereitliegen – dieser Aspekt ist vor allem seit 9/11 ein entscheidendes Marketingargument. Und aus diesem Grunde scheint auch die Verwendung der Flaktürme als Data Center eher ein Marketingargument: Sicherer sind die Daten jedenfalls, wenn sie verteilt auf mehrere, nicht als wichtig identifizierbare Gebäude auf der ganzen Welt untergebracht sind…