3/2016 Begriffe von Stadtpolitik

In verschiedenen Ländern und Städten herrschen verschiedene Auffassungen davon vor, was unter Stadtpolitik zu verstehen sei. Während beispielsweise in Wien oft unter Stadtpolitik die offizielle Politik der gewählten Repräsentanten verstanden wird, wo die Bürgerinnen und Bürger dieser „Politik“ quasi gegenüber stünden, sieht man in Städten wie Hamburg und Berlin, wo – auch politische – Selbstorganisation eine wichtige Tradition ist, Politik als etwas, das alle Menschen machen, die sich engagieren. Ein schönes Beispiel dafür liefert der Stadtpolitikplan der Berliner Initiative „Wir bleiben alle“. Die Ursprünge dieser Bewegung liegen in den frühen 1990er Jahren, als gegen Mietpreissteigerungen protestiert wurde. Zwanzig Jahre später lebte „Wir bleiben alle“ auf, diesmal liegt der Schwerpunkt auf selbstorganisierten Räumen und der Abwehr der Gentrifizierung. Gleichsam als Werkzeug für das politische Engagement bietet die Website der Bewegung einen Stadtplan von Berlin, der eine Vielzahl von raumpolitisch relevanten Aspekten versammelt, denen eines gemeinsam ist: Sie werden nicht von offizieller Seite publiziert, die Aktivitäten der Stadt Berlin kommen hier nur indirekt vor, etwa in der Datensammlung „Geplante Bauvorhaben“, die von der Website „Bürger baut Stadt“ gelieferte Infos zu Bebauungsplanverfahren und Beteiligungsverfahren in den eigenen Plan integriert. Durch Klick auf ein „Achtung“-Schild erfährt man, um welches Verfahren mit welcher Frist es sich handelt und wie man sich beteiligen kann. Eine weitere verortete Datensammlung stammt von „Berlin besetzt“ und zeigt besetzte Häuser, Camps und Wagenplätze. In diesem Fall ist allerdings das Original noch eindrucksvoller, weil dort mithilfe eines Sliders sichtbar wird, in welcher Zeit wo viele Besetzungen stattgefunden haben. Weitere Datenangebote zeigen etwa Bürgerinitiativen, die Dichte von AirBnB-Wohnungen in der Stadt, die Gentrifizierung im Bezirk Moabit, die geplanten Verkäufe von bundeseigenen Immobilien in Berlin, Leerstände, Kiezgärten und Urban-Gardening-Projekte, Projekte des Mietshäusersyndikats sowie geplante und bereits realisierte Zwangsräumungen in Berlin. Die Initiativenvielfalt ist eindrucksvoll.

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