3/2005 Almeregrid

Die holländische Neustadt Almere im in den 60er Jahren trockengelegten Flevopolder nahe Amsterdam wird seit 1979 errichtet und ist derzeit die am schnellsten wachsende Stadt Europas. Aktuell hat sie etwa 170.000 Einwohner, jährlich kommen 3.000 neue Wohnungen hinzu, 2020 soll die endgültige Bewohnerzahl von 250.000 erreicht sein. Ende der 90er Jahre wurde Rem Koolhaas beauftragt, einen Entwurf für das Stadtzentrum zu liefern, der im heurigen Jahr fertig gestellt werden soll. Der „architektonischen Themen-Park“ (Michelle Provoost, Bernhard Colenbrande) Almere ist rasterförmig angelegt und besteht fast ausschließlich aus Einfamilienhäusern, und aufgrund der Tatsache, dass die gesamte Infrastruktur und der Gebäudebestand erst seit wenigen Jahren existiert, ist Almere außergewöhnlich gut mit Datenleitungen ausgestattet. So lag es wohl nahe, dass Almere nun „der weltweit erste virtuelle Stadt-Supercomputer“ wird. Die Computer in Almeres Privathaushalten sind mit sehr breitbandigen Glasfaserleitungen vernetzt und können deshalb für Grid Computing verwendet werden. Dabei wird Rechen- und Speicherleistung nicht, wie bisher üblich, an einem zentralen Ort mittels eines extrem teuren Supercomputers erbracht, sondern zwischen vielen ganz normalen PCs verteilt. Ein bekanntes Beispiel für dieses Prinzip ist das Projekt SETI@home, in dem seit 1996 ein screensaver auf Millionen von Privatcomputern auf der ganzen Welt Radioteleskopdaten nach Hinweisen auf außerirdisches Leben durchforstet. Allerdings ist SETI@home ein ziemlich außergewöhnliches Projekt, und Grid Computing insgesamt ist stark im kommen, aber noch sehr neu. Erste Schritte in diese Richtung sind die Virtualisierung von Speicher und Servern, was den meisten IT-Anwendern näher liegt als Forschungsprojekte, die gewaltige Rechenleistungen benötigen. Ähnliches wie bei SETI@home soll nun in Almere geschehen, allerdings auf einem wesentlich leistungsfähigeren Netzwerk mit 100 bis 1000 MBit/s basierend, das zwischen den etwa 2.200 Bewohnern der „Dutchtown“, die an Almeregrid teilnehmen sollen, besteht. Als Anwendungen geplant sind Gehirn- und Knochensimulationen in der Medizinforschung, aerodynamische Berechnungen sowie Rendering, Bildverarbeitung und DNS-Sequenzierung. Das Projekt Almeregrid befindet sich aktuell in der Testphase und soll im Mai 2005 in den Vollbetrieb gehen.

www.almeregrid.nl