5/2011 Alle Gebäude in New York

James Gulliver Hancock kommt aus Sydney und lebt heute in Brooklyn, New York, genau genommen im besonders hippen Williamsburg – und er ist Illustrator. Auf seinen ausgedehnten Reisen von Australien über Europa bis Los Angeles und dann New York war das Zeichnen dauernder Orientierungspunkt, auch um sich einen Überblick zu verschaffen und die Massivität der herandrängenden Eindrücke zu bewältigen: „All the cars in LA“, „all the rain in London“, „all the rooftops in Paris“. Seit mehr als einem Jahr lebt er nun in New York City und zeichnet ungefähr ein bis zwei Gebäude dieser Stadt pro Tag, mittlerweile liegt er bei mehr als 500 Stück, und das große, unerreichbare Ziel ist es, „all the buildings in New York“ zu zeichnen – das wird wohl einige Zeit dauern, angeblich gibt es allein in Manhattan 50.000 Gebäude. Davon lässt er sich aber nicht abhalten, sondern zeichnet drauf los: Lower East Side und East Village, Chinatown, Chelsea, Greenwich Village, Soho, Brownstones in Brooklyn, und natürlich immer wieder Williamsburg und Greenpoint. Sogar der Tower des JFK-Flughafens, die Staten-Island-Fähre und die Community Gardens in Loisaida finden sich unter den kolorierten Zeichnungen. Meist handelt es sich um Einzelgebäude, mittlerweile zeichnet Hancock aber auch ganze Straßenzüge oder Blocks. Und es gibt über das Dokumentarische durchaus hinausgehende Zeichnungen, zum Beispiel „interesting buildings vs. boring buildings“ und „decorative buildings vs. boring buildings“. Das Spektrum reicht von rasch hingekritzelten Skizzen bis zu detailliert ausgearbeiteten, färbig angelegten Zeichnungen, die im Studio anhand von Fotos erstellt werden. Nach wie vor ist das Zeichnen ein Mittel der Bewältigung dessen, was im Alltag auf einen Stadtbenützer wie Hancock hier zukommt, ein Mittel, um die Stadt kennen zu lernen und auch Abstand zu gewinnen. Er meint, anfangs wollte er alle Gebäude umarmen, mittlerweile werden sie langsam nur Freunde. Werkzeug seiner Zeichnungsrundgänge ist vor allem der Sharpie. Dieser Filzstift existiert seit 1964 und ist ein beliebtes Skizzierwerkzeug bei Architekten. Er besitzt eine relativ breite, weiche Spitze, deren Strich auf sehr vielen Materialien hält, und hat den charakteristischen Lösungsmittelgeruch, den Permanent Marker ausströmen. Dazu kommen verschiedene Zeichenmaterialien vom Notizbuch bis zur Serviette, ein Scanner und Photoshop. Die Zeichnungen verströmen den Retrocharme der New-Yorker-Cartoons, ist wird also vermutlich nicht lange dauern, bis Hancock genau dort gelandet ist.

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