7–8/2013 Virtuelle Gated Communities

Mitte Mai 2013 kündigte Google ein umfassendes Redesign des Google-Maps-Services an: Neben einer Integration von Google Earth in Google Maps, Fotokarussells und einer besseren Einbindung der Navigation ist vor allem eines ein wesentlicher Schritt: die private Google-Landkarte. Während die in den Karten präsentierte Information bisher im Wesentlichen für alle identisch war, soll der Kartendienst nun personalisiert werden. Abhängig davon, welche Orte wir in Social Media erwähnen, in e-Mails ansprechen oder via Google suchen, wird uns auf der Karte nicht mehr alles gezeigt, was unsere Umgebung oder ein bestimmter Ort zu bieten haben, sondern eine Auswahl, die sich an unseren Interessen orientiert. Das ist natürlich, einerseits, eine geniale Grundlage, um Werbung zu verkaufen; und es ist weiters natürlich genau das Gleiche, das Google in seiner Suchmaschine mit der Auswahl der Resultate ebenfalls schon lange tut, nämlich die Auswahl unseren (von Google angenommenen) Bedürfnissen anzupassen. Das bedeutet aber, andererseits, die Reduktion des (vor allem städtischen) Raumes auf eine kontrollierbare, funktionelle Umgebung anstelle eines politischen, sozialen und kulturellen Raumes. Das, was laut Louis Wirth die Stadt ausmacht, nämlich die Dichte, Anzahl und, vor allem, Heterogenität ihrer BewohnerInnen und damit der Orte, Wege und Angebote in ihr, wird zumindest in der Kartenrepräsentation auf das reduziert, was man bereits kennt – oder was dem ähnelt, das man bereits kennt. Unerwartete Begegnungen, überraschende Zusammentreffen, fremde Erfahrungen werden ausgeschaltet. Zumindest, vorerst einmal, in der Karte, die Google anbietet. Das ist, kann man einwenden, ja nicht die Realität selbst, sondern nur ein Wegweiser dorthin. In Google Maps kann man dann jene Restaurants aussuchen, die die bisherige eigene gastronomische Biographie hergibt. Am Weg dorthin muss man aber natürlich doch durch die reale, heterogene Stadt mit ihrer Vielfalt an Eindrücken, die jeden aus der klinischen Welt von Google befreien und vom empfohlenen Ziel abhalten können. Die Frage ist nur: Wird das auch noch so sein, wenn wir von Googles selbstfahrenden Autos transportiert oder von Google Glass durch den Stadtraum geleitet werden? Die Stadtidee, die damit verbunden ist, ist eine Ansammlung von Gated Communities, die nicht mehr physisch getrennt werden müssen, weil sie virtuell getrennt sind.

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