9/2021 Streetonomics

Die Seestadt Aspern in Wien ist bekannt dafür, auf weibliche Straßennamen zu setzen. Da es bis vor kurzem in Wien nur wenige Benennungen nach Frauen gab, will Aspern möglichst allen Straßen weibliche Namen geben, um die Quote zu steigern. Wie sieht es aber praktisch im internationalen Vergleich mit Straßen aus, die nach berühmten Persönlichkeiten benannt sind? Die aktuelle Studie eines internationalen Forscherteams, veröffentlicht heuer im Journal „PLOS one“, befasste sich genau damit. Untersucht wurden vier Städte: Wien, London, Paris, New York. In jeder Stadt wurden im Schnitt mehr als 1.000 Straßen einbezogen, die nach Persönlichkeiten benannt sind. Diese Benennungen wurden hinsichtlich Geschlecht, Beruf, Herkunftsnation und historischer Periode der jeweiligen Person ausgewertet, und zwar anhand einer Verknüpfung mit Open-Source-Quellen im Internet, beispielsweise Wikipedia. Resultat ist, neben dem PLOS-Artikel, ein Online-Tool, das die Auswertung visualisiert. Während beispielsweise in Paris sehr viele personenbezogene Straßennamen aus der Zeit vor 1860 stammen, liegen die Schwerpunkte in Wien und London deutlich später. Frauennamen sind in Wien-Donaustadt, nicht ganz unerwartet, relativ häufig – aber auch in den Londoner Außenbezirken und in ganz New York City tauchen sie relativ oft auf, nur Paris ist diesbezüglich sehr schwach. Bis Wien mithilfe der Seestadt Aspern New York überholt, wird noch einige Zeit vergehen. Besonders viele Straßennamen in Wien sind nach Nicht-Österreichern benannt (was wohl auch damit zusammenhängt, dass viele der namensgebenden Persönlichkeiten aus Ländern der Monarchie stammten, die heute nicht mehr zu Österreich gehören), während vor allem New York und Paris sehr aufs eigene Land fokussiert sind. Besonders interessant ist, welche Berufe in den Städten jeweils an der Spitze stehen: in Wien führen durchwegs Kreative und KünstlerInnen, in London sind vor allem die Politik sowie das Königshaus vorn, in New York sind Religion und Wirtschaft stark, in Paris ebenfalls Kunst, aber auch Literatur und Wissenschaft. Auf der Website zu den Streetonomics lässt sich all das grafisch aufbereitet nachvollziehen: Für jede der vier Städte werden die personenbezogenen Straßennamen dargestellt, die Straßen sind anhand der benützten Kategorien eingefärbt, sodass sich auf den ersten Blick zeigt, wo welche Schwerpunkte liegen. In Wien sind beispielsweise SchriftstellerInnen und GesetzgeberInnen eher im Zentrum zu finden und KünstlerInnen eher am westlichen Stadtrand.

social-dynamics.net/streetonomics