5/2018 Städtebau und Vorkauf

In Deutschland ebenso wie in Österreich stöhnen die Städte unter dem Druck der Boden- und Wohnungsspekulation. Aus österreichischer Perspektive kann man dazu hören, dass Deutschland durch die im Grundgesetz verankerte Sozialbindung des Eigentums („Eigentum verpflichtet“) diesbezüglich restriktiver sei. Ob das nun praktisch so ist oder nicht, sei dahingestellt, aber einen großen Vorteil gegenüber Österreich besitzt Deutschland, nämlich das bundesweit gültige Baugesetzbuch, das den Rahmen und die Instrumente für Stadtplanung in allen deutschen Gemeinden festlegt. In Österreich gibt es dafür keinerlei Regelung auf Bundesebene. Das Baugesetzbuch bietet viele wertvolle Planungswerkzeuge, dazu zählt auch das derzeit in Berlin viel diskutierte so genannte Vorkaufsrecht der Gemeinden, dass aber ohne großes Aufhebens und ohne rot-rot-grüne Stadtregierung in Städten wie Hamburg und München schon lange erfolgreich angewandt wird. Das Vorkaufsrecht erlaubt es den Gemeinden (bzw. in Stadtstaaten wie Berlin und Hamburg den Bezirken), in bereits fertig ausverhandelte und abgeschlossene Kaufverträge für Grundstücke und Häuser anstelle des Käufers einzutreten, um bestimmte Ziele zu erreichen oder bestimmte nachteilige Entwicklungen zu vermeiden – dabei geht es natürlich nicht um beliebige Themen, sondern insbesondere um städtebauliche Missstände. In Berlin dreht sich die Diskussion vor allem um Wohnungsspekulation: So ist es gängige Praxis, Häuser in guten Lagen mit billigen Mietverträgen zu kaufen und die Wohnungen in teure Eigentumswohnungen umzuwandeln. Diese Praxis wollen Städte natürlich eindämmen, wie es etwa Kreuzberg-Friedrichshain und andere Berliner Bezirke seit kurzem tun. Natürlich hat keine Gemeinde und kein Bezirk so viel Geld, Häuser in großem Stil aufzukaufen. Der Bezirk kann das Vorkaufsrecht aber auch an Stelle eines Dritten ausüben, etwa eines kommunalen Wohnbauunternehmens. Oder er kann das Instrument der so genannten „Abwendungsvereinbarung“ einsetzen: Wenn der ursprüngliche Käufer eine solche Vereinbarung unterzeichnet und etwa zusagt, keine Eigentumswohnungen zu schaffen, dann kann die Stadt auf ihr Vorkaufsrecht verzichten – so läuft das üblicherweise in Hamburg und München. Im Web findet man eine Karte mit Markierung aller bisherigen Berliner Vorkäufe und Abwendungsvereinbarungen. (Der Link ist zu lang zum Abtippen, aber wenn man nach „Vorkauf in Berlin Google-Map“ sucht, findet man den richtigen Ort.)