5/2002 Guest House

Die englisch-deutsche Künstlergruppe “Uninvited Guests” besteht seit 1998 in Bristol. Ihr Anspruch ist es, die Grenzen zwischen den Kunstsparten zu hinterfragen und innovative, kooperative Arbeitsformen auszutesten. Großteils produzieren die Gruppenmitglieder live, doch auch Technologie im Allgemeinen und das Internet im Besonderen sind wichtige Tätigkeitsfelder. Das Projekt „Guest House“ startete als Performance, die Livepräsenz und digitale Medien verbinden wollte. Die Performance führte die Zuseher durch ein unmögliches Gebäude, das aus Räumen und Ereignissen konstruiert war, die nur in der Erinnerung anderer Menschen existierten. Diese Erinnerungen wurden in Form von Interviews aufgezeichnet. Daraus entwickelte sich das interaktive „Guest House“, in dem diese erinnerten Räume in einer virtuellen Struktur zusammengeführt sind und durchstreift werden können, eine Form, die in der Polarität zwischen einem Computerspiel und dem virtuellen Durchwandern eines Gebäudes liegt. Die „Zuhörer“ erzeugen so ihre eigenen narrativen Linien durch das Material. Die bei der Performance öffentlich präsentierten persönlichen Erinnerungen werden wieder zu einer fast intimen Sache zwischen interviewter Person und Zuhörer bzw. Zuseher, wenn auch in unzähliger Wiederholung. Dieses interaktive Haus wurde einerseits als CD-ROM, andererseits aber auch als Webprojekt produziert. Die Webversion ist in Form eines Memoryspiels visualisiert und mit der Shockwave-Technologie realisiert. Dem gegenüber ist die CD-ROM zwar auch mit Webtechnologie gelöst, aber wesentlich aufwändiger, in einer Form, die beim Betrachten via Web am besten mit Breitbandanschluss verwendbar wäre: Das virtuelle „Guest House“ ist als dreidimensionales Modell realisiert, das durchwandert werden kann, und zwar mithilfe von VRML, Virtual Reality Markup Language, einer Beschreibungssprache von 3D-Objekten für das Internet. Ergänzend werden in jedem Raum Videos, Sound und Text geboten. Die Webversion, genauso wie die CD-ROM bereits im Jahr 2000 realisiert, wird demgegenüber als flache, aus Bildern und Fotos bestehende Memoryspiel-Version angeboten, die allerdings ebenfalls durch Sprechertexte und Geschriebenes unterstützt wird. In den vergangenen 2 Jahren ist die Entwicklung soweit gediehen, dass ein solches Projekt heute wohl nicht mehr als ortsgebundene CD-ROM produziert werden würde, sondern gleich als von überall zugängliches, online verfügbares, jederzeit erweiterbares Webprojekt – diesen Vorteilen steht aber gegenüber, dass niemand für das gleiche Produkt am Web bezahlen würde, während CDs sehr wohl gekauft werden…

www.da2.org.uk/guesthouse