7–8/2010
Google und die Österreichische Nationalbibliothek
Im Juni 2010 gab die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) bekannt, dass sie ihren kompletten historischen Buchbestand vom 16. bis zum 19. Jahrhundert – eine der fünf international bedeutendsten Sammlungen historischer Bücher – digitalisieren und online zugänglich machen wird. In einem ersten Schritt werden 400.000 Werke gescannt, die alle nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind. Ein großartiges Projekt, das jedoch eine Besonderheit aufweist: Es handelt sich um ein Public-Private Partnership mit Google, ehemals die „gute“ Webfirma par excellence (informeller Slogan: „don’t be evil“), mittlerweile zum Gottseibeiuns derjenigen Konzerne mutiert, die vom Urheberrecht leben. Pikant dabei ist, dass die europäischen Nationalbibliotheken Protagonisten des gemeinsamen Content-Portals für dezidiert europäische Kultur namens Europeana sind, das als Gegenmodell zur Google Book Search aufgebaut wurde. Europeana bringt jedoch für die Mitglieder, die neuen Content beisteuern wollen, erhebliche Kosten mit sich. Hier kommt Google ins Spiel: Die Digitalisierungskosten in der Höhe von angeblich 30 Millionen Euro werden vollständig von Google getragen, dafür kann einerseits Google die gescannten Seite über seine Buchsuche frei zugänglich machen – und andererseits die ÖNB sie online über den ÖNB-Katalog publizieren und auch in Europeana, also ins Konkurrenzunternehmen, einspeisen. Dadurch sollen die wertvollen Originale auch weniger oft benützt werden müssen und somit geschont werden können. Ob allerdings die Qualität der Google-Scans dafür immer ausreichend ist, darf bezweifelt werden. Bisher digitalisierte die ÖNB etwa 5.000 Werke pro Jahr, durch diese Kooperation steigert sich die jährliche Zahl auf etwa 70.000 Bücher. Die ÖNB ist damit die zweite deutschsprachige Bibliothek nach der Bayerischen Staatsbibliothek und eine der weltweit ersten Nationalbibliotheken, die am Google-Books-Bibliotheksprogramm teilnimmt. Die Book Search gibt es seit 2005, bis 2015 sollten 15 Millionen Bände aus mittlerweile mehr als 40 Bibliotheken auf der ganzen Welt digitalisiert sein. Zwei Arten von Büchern sind zugänglich: Erstens diejenigen, die im Rahmen des Bibliotheksprojekts gescannt werden. Urheberrechtlich geschützte Bücher sind dabei nur in kleinen Ausschnitten dargestellt, nicht mehr geschützte sind vollständig zugänglich. Und zweitens diejenigen Bücher, die im Rahmen der Kooperation mit über 20.000 Verlagen und AutorInnen zugänglich gemacht wurden, wobei keine vollständigen Bücher betrachtet werden können.
www.onb.ac.at/bibliothek/austrianbooksonline.htm
books.google.com