6/2012 Google-Landschaften

Seit Google seinen Maps-Dienst im Jahr 2005 startete, können von jedem all die Landschaften aus der Vogelperspektive betrachtet werden, die zuvor nur Astronauten, dem Militär und wenigen anderen verfügbar waren. Das war für viele die Offenbarung einer neuen Welt, von manchen jedoch wurde es als ernsthafte Herausforderung und Bedrohung wahrgenommen. Ähnliches geschah zwei Jahre später mit dem Street-View-Service, der dieselben Landschaften aus der Straßenperspektive zeigt – während jedoch ersteres die Militärs störte, stießen sich an zweiterem Hauseigentümer, die ihre Immobilie nicht weltweit „beobachtbar“ wissen wollten. Der in Manchester lebende Fotograf Mishka Henner publizierte 2011 seinen Band „Dutch Landscapes“, in dem neben eindrucksvollen Landschaftsaufnahmen von oben plötzlich eine Vielzahl seltsamer grafischer Muster sichtbar werden: Mitten in einer städtischen, dörflichen Struktur oder einer grünen, offenen Landschaft sind plötzlich Bereiche von verschiedenfarbigen Polygonen überdeckt, die offensichtlich nicht ein Resultat der Satellitenaufnahme sind, sondern nachträglich eingefügt wurden. Die militärische, camouflageartige Anmutung dieser Muster weist den richtigen Weg: Hier handelt es sich um Gebäude und Anlagen, die vom niederländischen Militär als sicherheitsrelevant angesehen und deshalb dem unberechtigten Auge verborgen werden – Militärstützpunkte, Luftwaffenanlagen, Kasernen, Hauptquartiere, aber auch königliche Schlösser. Viele Länder gehen ähnlich vor – warum aber gerade die Niederlande diesbezüglich besonders restriktiv sind, bleibt unklar, ebenso wie die Frage, warum sie ästhetisch besonders ambitioniert sind. Ein in Google Maps leicht zu findendes Beispiel ist der Ort Wier in Friesland. Auch in Google Street View werden manche Orte unkenntlich gemacht, allerdings nur durch simplen Blur, nicht mittels farblich abgestimmter Camouflage: Nachdem Google auch in Deutschland begonnen hatte, mit speziellen Kamerawägen Straßen abzufotografieren, begannen sofort Proteste gegen die Einschränkung der Privatsphäre – schließlich bestand der Kompromiss zwischen Google und Datenschützern darin, dass die einzelnen Hauseigentümer ihre Häuser verbergen können. Ein amüsantes Beispiel dafür sind die Stadthäuser am Caroline-von-Humboldt-Weg in Berlin-Mitte, von denen eins in Google unkenntlich ist, obwohl die gesamte Bebauung vielfach publiziert ist und somit Fotos dieses Gebäudes sehr einfach im Web gefunden werden können.

mishka.lockandhenner.com/blog/?cat=33
archidose.blogspot.com/2012/05/blur-worthy.html
g.co/maps/ed9fw