4/2003 Dreidimensionaler Raum am Computer

Damit nicht nur Spezialisten, sondern gewöhnliche Nutzer mit Computern arbeiten können, verwendet man heute nicht mehr rein textbasierte Schnittstellen, wie das aus den 80er Jahren mit MS-DOS noch bekannt war, sondern Metaphern, die eine einfachere Interaktion erlauben. Die seit vielen Jahren vorherrschende Methode dafür (vor allem auch vom Fastmonopolisten Microsoft) ist der Schreibtisch mit Ordnern, Papierkorb und Taschenrechner. Er ging aus vom Forschungslabor Xerox PARC und fand über das Apple-Betriebssystem seinen Weg zu Windows und damit zur allgemeinen Verbreitung. Er ist eine eigentlich räumliche Metapher, die aber als „Schreibtischfläche“ zweidimensional visualisierbar ist, diese wird als identisch mit der Projektionsfläche des Monitors gedacht. Bereits Mitte der 90er Jahre wurde versucht, im damals brandneuen Internet eine räumliche Erweiterung des flachen HTML-Systems zu erreichen: VRML (Virtual Reality Modeling Language) sollte die auf Text- und Bilddokumente und ihre Verbindungen beschränkte Hyperlink-Umwelt in den Raum erweitern. Der Vorstoß kam allerdings zu früh, weder waren damalige Rechner leistungsfähig genug dafür, noch konnte sich der Standard durchsetzen. Heute gibt es Computer-3D-Graphik fast nur in Spielen oder im Kino. Der Vision, dass 3D eine Annäherung des Virtuellen an den realen Raum bringen würde und in 3D mehr Information übermittelbar wäre, stand die Befürchtung gegenüber, dass der virtuelle Raum seine Benützer mehr verwirren als ihnen helfen könnte. Doch es gibt Anzeichen für ein Revival: Das Multimedia-Unternehmen Macromedia, bekannt für seinen Web-Player Flash, integrierte kürzlich 3D-Funktionen in die Shockwave-Software, und Adobe, der Weltmarktführer im Bereich webbasiertes Publizieren, arbeitet an der Web-3D-Software Atmosphere. Auch das nächste Betriebssystem von Microsoft, das unter dem Codenamen „Longhorn“ 2005 auf den Markt kommen wird, soll dreidimensionale Elemente enthalten. Und Computer-Guru Allan Kay, der einer der Väter des neuen Interaktionsparadigmas bei Xerox PARC war, arbeitet gerade an einem 3D-Betriebssystem namens Croquet, das die Leistungen von Einzelrechner und Internet jedenfalls visuell direkter miteinander verbinden würde, als das im Rahmen der Schreibtisch-Metahper möglich ist. Und auch auf der Hardware-Seite sind die nötigen Grundlagen im Kommen: Computer und Leitungen sind heute viel leistungsfähiger als noch vor wenigen Jahren, und auch brauchbare 3D-Bildschirme, die ohne spezielle Brillen auskommen, werden in wenigen Monaten am Markt sein.

www.parc.xerox.com
www.vrml.org
www.shockwave.com
www.atmoinfopool.com
www.opencroquet.org