3/2002 Diskussionsforum für die Wiener Stadtplanung

Die riesige Website der Gemeinde Wien enthält bisher ein breites Spektrum an Angeboten, von sehr interessanten und brauchbaren Services bis zu ärgerlichen und hinderlichen Funktionen – etwa die schlechte Site Search. Seit Ende Jänner gibt es nun ein von Planungsstadtrat Schicker präsentiertes neues Service, ein Diskussionsforum namens forum.wien.at. Die Initiatoren wollen hier Diskussionen über Verkehr, Stadtentwicklung, die Europaregion Wien, Architektur und über Informationstechnologie durchführen. Dies ist für die Wiener Politik jedenfalls eine Neuerung, und dementsprechend interessant ist es, die Nutzung zu beobachten. Die Auswahl der Themen funktioniert durch Votings, also dadurch, dass eine Liste an Themen vorgeschlagen wird und jeder Besucher für eines der Themen seine Stimme abgeben kann. Freie Vorschläge von Benützern sind also derzeit nicht möglich, außer man schickt ein Mail an den Webmaster oder schreibt Vorschläge in einen Kommentar und hofft, dass sie gnädig aufgenommen werden. Beim ersten Voting mit über 1000 Teilnehmern gewann „Radfahren in Wien – urbaner Verkehr oder nur Freizeitgerät?“ vor „Zukunft des Gürtels“, beim zweiten führt derzeit „Zahlen fürs Parken“ vor „Road-Pricing“. Anfang Feber wurde demnach das Thema „Radfahren“ gestartet, und innerhalb kurzer Zeit posteten die Besucher über 40 teils sehr ausführliche Kommentare zum Einstiegstext, der die Frage stellt, ob Investitionen in den Ausbau von Radwegen sinnvoll oder hinausgeworfenes Geld sind. Der Tenor der Beiträge ist pro Radfahren, allerdings toben einige wilde Kämpfe, eine Radsteuer wird ebenso vorgeschlagen wie Radwege in allen U-Bahn-Röhren und ähnliche kluge Dinge. Die Auseinandersetzungen sind heftig, man kann sich vorstellen, dass einige Beiträge aus Gründen der Rechtswidrigkeit oder aus moralischen Bedenken gelöscht wurden. Offensichtlich ist, dass Verkehrsthemen stark gefragt sind, allerdings liegt bereits an zweiter Stelle in der Statistik das Thema „Flaktürme und insolvente Großkinos – was tun?“, und auch das Wiener Hochhauskonzept oder der Vorschlag, die Mariahilferstraße zur Fußgängerzone umzuwandeln, provozieren viele Kommentare. Was bislange kaum jemanden interessiert, ist das Thema Informationstechnologie, das allerdings mit der Frage nach der „neuen Zweiklassengesellschaft“ durch IT an die Internet-Community auch falsch angegangen wurde. Falls sich das Forum als Erfolg erweist, soll es zum generellen Diskussionsort der Gemeinde Wien für alle relevanten Themen werden. Dafür scheint vor allem ein verstärktes „Empowerment“ der Benutzer wesentlich zu sein, also mehr Möglichkeiten, selbstständig Themen einbringen und direkter eingreifen zu können.

www.wien.gv.at/forum