9/2015 Die Welt der Städte

Aktuell wird die Bedeutung von Städten für die globale politische Entwicklung neu diskutiert – ein wichtiger Beitrag zu dieser Debatte ist das Buch des amerikanischen Politikwissenschaftlers Benjamin Barber mit dem Titel If Mayors Ruled the World: Dysfunctional Nations, Rising Cities. Barber argumentiert, dass angesichts der großen gegenwärtigen Herausforderungen – Klimawandel, Terrorismus, Armut, Drogen-, Waffen und Menschenhandel – die Nationen kaum handlungsfähig seien und man heute die größten Hoffnungen in Städte und ihre Bürgermeister als politische Akteure setzen müsse. Städte seiuen weniger durch Fragen der Grenzziehung und Souveränität belastet, ihre politischen Führer agierten öfter pragmatisch statt parteipolitisch. Wie funktionieren aber Städte tatsächlich politisch, und vor allem: wie verschieden funktionieren sie? Ein aktuelles Webprojekt, betrieben von der Cities-Abteilung der London School of Economics, von UN Habitat und vom globalen Netzwerk der Stadt- und Regionalregierungen UCLG, will darüber Daten sammeln und Auskunft geben. Vergleichende Analysen der Situation von derzeit 78 Städten auf allen Kontinenten über städtische Regierungsformen werden kombiniert mit Datensammlungen zu diesen Städten und auf der Website urbangovernance.net präsentiert. Vergleichend zu allen Städten gibt es etwa Informationen über die Bestellung des Bürgermeisters, die Verteilung der exekutiven und legislativen Macht, zu Steuereinhebung, Budgetquellen und Budgethoheit und Möglichkeiten der Schuldenaufnahme, zu Anteilen des Bodens in öffentlicher Hand oder zu weiterer politischer Gliederung der Städte. Besonders interessant sind die Vergleiche, wie verschiedene politische Entscheidungsfelder auf die Stadt, ihre Untereinheiten und darüberliegende politische Ebenen verteilt sind: Hier zeigt sich, dass die Stadtebene und die nationale Ebene in den meisten Fällen besonders viele Machtbereiche besitzt, während Bezirke und Metropolgebiete besonders wenige haben. Weiters geht es um Beteiligungsformen und Planungsinstrumente, Transportpolitik und Probleme der städtischen Politik. Zusätzlich werden die beteiligten Städte anhand einiger wichtiger Kennwerte gegenübergestellt. Bisher ist nur eine österreichische Stadt, nämlich Graz, beteiligt, während anderswo in Europa durchaus auch die Hauptstädte vertreten sind, zum Beispiel Budapest, Madrid und London.

urbangovernance.net