3/2021 Die Straßen der Städte

Der amerikanische Software-Entwickler Andrei Kashcha publizierte vor etwa einem Jahr das Online-Tool „City Roads“, das genau das tut, was der Titel verspricht: Es zeichnet alle Straßen einer Stadt. Die Website besteht zunächst aus nichts anderem als einem Suchfeld, in das man den Namen einer Stadt eingibt. Das Tool verwendet dann Daten von OpenStreetMap, der freien Alternative zu Google Maps, die ihre Daten für alle zugänglich macht, ob privat oder kommerziell genutzt – und die mithilfe einer Community von freiwilligen Unterstützern entstanden ist und gepflegt wird. Aus diesen Daten werden Linien für jede Straße der angegebenen Stadt generiert, die schließlich als einfache, schwarz-weiße Strichgrafik dargestellt werden. Die Karten, die so entstehen, sind somit etwas völlig anderes als die bekannten Schwarzpläne von Nolli aus dem römischen Barock, die alle Gebäude schwarz und somit alle Freiräume weiß darstellen. Und sie unterscheiden sich auch grundlegend von üblichen Karten, egal ob gedruckt oder online, die durch Farben bestimmte Nutzungszonen und Inhalte vermitteln, also beispielsweise wo ein Krankenhaus steht, wo sich Wald befindet oder welche Art von Straße an einer Stelle verläuft. Dem gegenüber zeichnet City Roads einfach dort eine Planlinie, wo in der entsprechenden Realität eine Straße verläuft, sichtbar wird also die Verkehrs- und Erschließungsstruktur einer Stadt: Wie kleinteilig oder großmaschig sind die Straßen, wie orthogonal oder „gewachsen“ ist ihre Anordnung, wie verändern topografische Gegebenheiten und Gewässer den Straßenverlauf und wie wirken sich Himmelsrichtungen aus? Das Tool erlaubt einige einfache Adaptierungen, so können die Farben für Linien und Hintergrund beliebig gewählt werden. Man kann den Plan als Bild oder Vektorgrafik sowie als bedrucktes Kaffeehäferl (!) exportieren. Bei großen Städten können leicht über eine Million Straßenzüge zusammenkommen und die Erstellung somit lange dauern, deswegen gibt es eine Datenbank von 3.000 großen Städten, die die Darstellung beschleunigt. Tokio beispielsweise besitzt 1,4 Millionen Straßenlinien, in Los Angeles zeigt sich schön die Struktur von Downtown im Süden und San Fernando im Norden mit den Bergstraßen dazwischen. Es gibt streng gerasterte (Philadelphia) und chaotisch wirkende (Rom) Stadtstrukturen zu finden. Auf Twitter entstand daraus sofort ein Trend, indem eine Vielzahl von Twitterati zwei nebeneinanderstehende Pläne postete: Ihre jeweilige Geburts- und aktuelle Wohnstadt.

anvaka.github.io/city-roads/