12/2015 Der Genderatlas

Geschlechterunterschiede sind immer auch räumlich ausgeprägt. Das zeigt sich auch an der aktuellen Diskussion darüber, ob nun Flüchtlinge auf europäische Werte verpflichtet werden sollen; und an der deutlich weniger intensiven Diskussion darüber, wie sehr sich die Europäer selbst an diese Werte halten. Über die letzten zwei Jahre lief ein von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG gefördertes Projekt, an dem die Forschungsgruppe Kartographie der TU Wien, das Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien sowie ÖIR Projekthaus beteiligt waren. Mithilfe eines niederschwelligen Online-Tools sollte visualisiert werden, welche räumlichen Disparitäten zwischen den Geschlechtern in Österreich bestehen, wie sich Lebensrealitäten von Frauen und Männern auch räumlich unterscheiden. Es geht etwa um politische Partizipation: Wie viele Bürgermeisterinnen gibt es in Österreich? Derzeit sind es 141, die 1.959 männlichen Bürgermeistern gegenüberstehen. Dabei gibt es durchaus räumliche Schwerpunkte, beispielsweise rund um Gloggnitz, wo 1948 die erste österreichische Bürgermeisterin angelobt wurde, oder aktuell entlang der Linie Gaming – Annaberg – Wildalpen – Eisenerz. Es geht auch um Erwerbsbeteiligung, Einkommen und Mobilität – so wurden, anknüpfend an den Frauenbericht des Burgenlandes, einige Karten speziell über die Situation in diesem Bundesland erstellt. Eine Karte befasst sich mit Straßennamen in Wien: 356 von insgesamt 4.269 nach Personen benannten Straßen haben den Namen von Frauen. 2012 wurden erstmals in der Geschichte mehr Straßen nach Frauen als nach Männern benannt, was wohl an der Seestadt Aspern liegt, die sich selbst darauf verpflichtet hat, ausschließlich Frauennamen zu verwenden. Und aktuell läuft eine Umfrage namens Lovemap: Besucherinnen und Besucher sollen angeben, an welchem Ort ihr „erstes Mal“, so nennen das die Autorinnen etwas verschämt, stattgefunden hat. Die Umfrage ist noch nicht abgeschlossen, somit ist noch unklar, ob es diesbezüglich tatsächlich geschlechtsspezifische Differenzierungen gibt. Einziger Wermutstropfen: Bisher gibt es nur 13 Karten – weiter werden hoffentlich bald kommen.

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